Fuck Now
Oktober 11, 2008

YouPORN und die BILD-Zeitung — eine kleine Artikelanalyse

Was für manche Boulevardblätter so fantastisch an Sexseiten im Internet ist? Man kann sich ganz herrlich über sie aufregen und hat ganz nebenbei einen Artikel veröffentlicht, in dem es um Sex geht. Und da „Sex sells“ immer noch gilt, gewinnt man ganz schnell ganz viele Leser und kann gleichzeitig behaupten, dass es bei der Veröffentlichung […]

Was für manche Boulevardblätter so fantastisch an Sexseiten im Internet ist? Man kann sich ganz herrlich über sie aufregen und hat ganz nebenbei einen Artikel veröffentlicht, in dem es um Sex geht. Und da „Sex sells“ immer noch gilt, gewinnt man ganz schnell ganz viele Leser und kann gleichzeitig behaupten, dass es bei der Veröffentlichung des Artikels nur um die Wahrung von Moral und Anstand ging. Ja, ja, man kann zur BILD-Zeitung stehen, wie man will, irgendwie clever sind die Redakteure und Redakteurinnen dort schon, finden Sie nicht

„Der Erfolg von YouTube wird schamlos kopiert“ betitelte die Online-Version einen Artikel; allerdings war dieser Titel bedeutend kleiner als der darunter aufgeführte: „Warum zeigen immer mehr Menschen ihre privaten Sexfilme im Internet?“ Auch das ist irgendwie clever! Man stellt eine Frage, gibt sich damit irgendwie besorgt und informiert gleichzeitig darüber, dass es da diverse Menschen gibt, die im Internet private Sexfilme zeigen. Der eine oder andere Mensch mag empört weiter lesen, viele andere einfach aus Lust daran, zu erfahren, wo genau es denn diese privaten Sexfilme zu sehen gibt. Eine Mischgruppe macht beides gleichzeitig: Sie empört sich und schaut dann nach, was da so an Schmuddelkram im Internet geboten wird; natürlich nur, um sich selbst ein Bild davon zu machen. NUR aus diesem Grund!!! 😉

Diverse Teile des BILD-Artikels sind fett gedruckt, etwa dieser hier: Auf YouPorn teilen Hobbyfilmer erotische Sex-Filme mit der Weltöffentlichkeit, drehen sich (und andere) beim Sex. Hochladen und Anschauen ist kostenlos. Das ist eine wichtige Information! Das ist… auch irgendwie Werbung und Anreiz für den Leser, sich weiter mit dem Artikel zu beschäftigen. Gleichzeitig — für all diejenigen, die sich selbst ein Bild machen möchten, wie gesagt, rein aus Neugier oder zu Forschungszwecken… — enthalten die beiden Sätze die Internetadresse von YouPorn, allerdings nicht verlinkt. Die Betreiber von YouPorn.com sagten „danke“; ihre Server gingen in die Knie, weil es unendlich viele Menschen in Deutschland gab, die sich selbst ein Bild von der verwerflichen Sache machen wollten. Und damit alle auch sofort genau wissen, wie verwerflich das alles ist, wurde eine Reihe aus vier Bildern in den Artikel integriert, damit man schon einmal einen ersten Eindruck von den Inhalten auf YouPorn bekommt. Nur zu Infozwecken!

Dass es der BILD-Zeitung natürlich einzig und allein (IRONIE-Modus: on) darum geht, Unmoralisches anzuprangern, zeigt eine weitere fett markierte Textpassage: Schlimm: Sogar Kinder können die Sexs-Clips von „YouPorn“ sehen, eine Schutzfunktion gibt es nicht! Sexs wurde übrigens tatsächlich „Sexs“ geschrieben; man könnte durchaus auch „Seks“ oder „Säx“ sagen. Wir sind ja kreativ! Gleichzeitig wurde der Medienpsychologe Prof. Dr. Jo Groebel befragt; schließlich möchte man so einen Artikel ja auch wissenschaftlich untermauern, gell? Das macht mehr Eindruck. Unter dem Artikel gibt es dann noch die Anzeige für Dessous und der Artikel ist perfekt. Moralisch sauber, einwandfrei und… sehr (!) informativ. So geht das also! Den Bild-Artikel finden Sie übrigens hier: http://www.bild.de/BTO/news/aktuell/2006/11/14/private-sexfilme/private-sex-filme.html. Nur, damit Sie sich selbst ein Bild machen können.

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